Lange Zeit gehörte die Tierhaltung und Schlachtung von Tieren zum Alltag der Menschen. Kleine Höfe, kleine Herden und somit auch die Schlachtung vor Ort und für die unmittelbare Bevölkerung. In Europa wurde die Wende eingeleitet und es war Napoleon I., der am Anfang des 19. Jahrhunderts in Paris den Bau von staatlichen Zentralschlachthöfen anordnete. Diese Entwicklung ebnete den Weg für andere Länder und läutete eine Entwicklung zu größeren Schlachthöfen ein. Meist lagen die Schlachthöfe in den Zentren der großen Städte und ebenso an Flüssen, da für die Reinigung der Schlachträume und das Beseitigen der Abfäl- le viel Wasser gebraucht wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Schlachthäuser jedoch aus den Städten verbannt, da sich die immer wohlhabendere Stadtbevölkerung davor ekelte. Der nächste Schritt in der Industrialisierung wurde dann 1870 in den USA statt. Die Einführung des Fließbandes für die Zerlegung der Tiere führte zu Demontagebändern, an denen Arbeiter nur noch einzelne Schritte durchführten. So dienten diese neuen Arbeitsmethoden als Beispiel für die Autoindustrie und sind das Sinnbild für die Industrialisierung.
Vom Hof in die Schlachthöfe
Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Tiere mit einem Schlag ins Genick oder auf die Stirn mit Keule, Hammer oder Axt betäubt. Ende des 19. Jahrhunderts war es auch das Aufkommen des Tierschutzes, das zu neuen und sicheren Betäubungsmethoden führte und der erste „Schlachtschussapparat“ wurde entwickelt. Die Erfindung von Benjamin Siegmund wurde nicht patentiert im Sinne des Tierschutzes und so wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten Bolzenschussgeräte von Firmen entwickelt.
Die zunehmende Industrialisierung der gesamten Fleischproduktion speziell nach dem zweiten Weltkrieg forderte schließlich eine umfangreiche Gesetzgebung. Vor allem die Einführung von den zahlreichen Tier- schutz- und Hygienevorschriften führte zu hohen Anforderungen an Gebäude und Einrichtungen der Schlachtbetriebe. Kleine Schlachtbetriebe, traditionelle und ländliche Metzger und übliche Hofschlachtungen verschwanden, da die Investitionen zu hoch waren. So waren schlussendlich nur noch Notschlachtungen von verletzten Rindern oder Hausschlachtungen zum Eigengebrauch möglich.
Von den Pionieren zur Lösung
Dennoch gab es immer wieder in den europäischen Ländern Vorhaben einzelner Landwirte und Gruppen, um eine Lösung zu finden, die eigenen Tiere weiter auf dem eigenen Betrieb schlachten zu können, ohne alle Vorschriften erfüllen zu müssen. Die Motivation war immer, den Stress für die Tiere möglichst gering zu halten, und viele Praktiken waren gesetzlich nicht gedeckt.
Es braucht Vorreiter wie Ernst Hermann Meier (www.uria.de), der über Jahrzehnte Prozesse und Streitigkeiten mit Behörden führte. So sind es diese Persönlichkeiten, die mit konstruktiven Lösungen den Weg geebnet haben, um Wertschöpfung zurück zu den Betrieben zu bringen.
Durchbruch: mobile Schlacht- und Tötungsboxen
Im Wesentlichen sind die mobilen Schlacht- und Tötungsboxen das Verbindungsglied zwischen dem „unreinen“ (vor dem Entbluten, mit weniger strengen Hygienevorschriften) und dem „reinen“ Bereich des Schlachthofs. Die Anhänger beziehungsweise Aufbauten dienen als „Außenstation“ für bestehende Schlachthöfe und werden auch so anerkannt. So ist es möglich, direkt auf die Landwirtschaftsbetriebe zu fahren und die Tiere nach der Betäubung und vor oder auch direkt nach dem Entbluten aufzuladen.
Machbar? Ja!
Realistisch? Ja!
Rentabel? Nicht immer
Wie man bereits erahnen kann, ist diese Form der stressärmeren Tötung/Schlachtung aktuell nicht für größere Tierzahlen möglich. Mittlerweile gibt es verschiedenste Hersteller für mobile Schlacht- und Tötungs- boxen zu verschiedensten Preisvorstellungen und Ausstattungsmerkmalen. So besteht heutzutage für die Interessenten die Qual der Wahl, das richtige Produkt zu finden. Von Eigenbauten ist mittlerweile ebenso abzuraten, da diese meist teurer in der Anschaffung sind und sehr oft Probleme im Hygienemanagement nach sich ziehen – speziell bei aufwendigerer Anwendung wie der mobilen Geflügelschlachtung. Die gesetzliche Grundlage ist in der Europäischen Union gefasst und auch technische Einrichtungen stehen zur Verfügung. Es ist somit machbar, auch wenn es trotzdem noch Pioniere braucht, um dies umzusetzen. Mittlerweile gibt es auch in Österreich bestehende Dienstleister und Anwender und somit ist es auch eine realistische Perspektive. Jedoch ist es die Wirtschaftlichkeit und somit die wirtschaftstragende Perspektive, die aktuell noch viele Problemstellungen bringt. So sind es bei den Großtieren meist nur einzelne Anwendung und somit auch Einzeltiere, die am Hof getötet werden. Der Zeitaufwand an Personal und Kontrollorganen führt deshalb dazu, dass meist nur eine Direktvermarktung im hochpreisigen Segment zu wirtschaftlichen Ergebnissen führen kann. Das soll aber nicht als Ausrede dienen, sondern Ansporn sein für Premium-produkte jeglicher Art und einen transparenten Weg der Fleischgewinnung –, den sicher der Konsument so wünscht.
Mobile Schlachtung: Geflügelherden sind gut möglich
Im Bereich der mobilen Geflügelschlachtung sind jedoch andere Voraussetzungen gegeben. Durch die geringere Größe der Tiere und der Abbildung des kompletten Schlachtprozesses inklusive Kühlung, kann man bereits kleinere Herden bis zu 500 Stück mobil schlachten und auch bereits verarbeiten. Ein ähnliches Konzept verfolgt auch der deutsche Anbieter „meadock“ (www.hofschlachtsysteme.de) mit dem ersten EU-zugelassen, mobilen Schlachthof für Rinder. So bietet man im Lkw-Aufbau die komplette Schlachtung, Verarbeitung und Verpackung als mobiler Dienstleiter an.
Was bedeutet das für mich und meinen Betrieb?
Der Tiertransport wird ein noch wichtigeres Thema werden. Eine bestimmte Kundenschicht wünscht sich auch den ethischen Zugang zur Fleischgewinnung und der Tierwohl-Aspekt, auch wenn nicht eindeutig definierbar, wird auch weiter steigen. Es wird somit für Betriebe eine Nische aufgemacht, in der es gilt, als Pionier noch Aufbauarbeit zu leisten.
Im Bereich Geflügel kann durch größere Einheiten mittlerweile auch für kleinere Betriebe ein zusätzliches Standbein zu schaffen sein und mobil diese Dienstleistung anzubieten – oder auch für den eigenen Betrieb zu produzieren und bestehende Produktionsabläufe am Standort nicht zu stören bzw. umbauen zu müssen.
Autor: Matthias Mayr